Dichtungen aus dem Waffeleisen

In der Weihnachtszeit wird viel gebacken. Teig wird gemischt, geknetet, ausgerollt und anschließend ausgestochen oder geformt. Viele dieser traditionellen Prozesse inklusive ihrer Handgriffe, Hilfsmittel und Maschinentechnik findet man in der Industrie nicht nur in Bäckereien wieder. Die Herstellung von Gummiteilen startete in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit den gleichen Prozessen, nachdem Charles Goodyear 1839 die Vulkanisation erfunden hatte. Bis dahin beschränkte sich der Einsatz von Kautschuk noch auf imprägnierte Gewebe, Schuhe und Schläuche. Die Vulkanisation ermöglichte die Vernetzung des Kautschuks zu Gummi, einem elastischen Werkstoff, der Verformungen von sich aus zurückstellt. Der Begriff Kaugummi ist eigentlich irreführend, es müsste Kaukautschuk heißen.

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Das bis heute meisthergestellte Gummibauteil ist der O-Ring. Diese universelle Dichtung ist überall im Alltag zu finden, dutzendfach in Haushaltsgeräten und zu hunderten in Fahrzeugen. O-Ringe sind weltweit präzise genormt nach Werkstoffen, Größen, Präzision, Fehlerbildern usw. Ein wichtiges Merkmal haben alle O-Ringe gemeinsam: es ist eine ebene Oberfläche über den gesamten Umfang erforderlich, abgesehen von minimal erlaubtem Grat oder Formversatz, je nach Normvorschrift. Ein Anguss ist nicht vorgesehen oder zulässig. Daher werden praktisch alle O-Ringe immer noch in 2-Platten-Werkzeugen gepresst, im sogenannten Compression Molding. Um den Kreis zurück in die Küche zu schließen: Hier heißt das Verfahren Waffeln backen. Der kalte Teig wird in die heiße Form eingelegt, diese wird geschlossen und für mehrere Minuten zugehalten, der Teig wird fest und fertig ist die Waffel.

Die moderne Produktion von Gummiteilen erfolgt in der Regel im Spritzguss. Hier ist viel entwickelt und geforscht worden. Tatsächlich lässt sich inzwischen der gesamte Prozess mit allen Details über viele Zyklen dynamisch präzise erfassen und simulativ vorhersagen – mit Virtual Molding. Interessanterweise ging das bislang aber nicht für die viel älteren Verfahren wie Compression oder Transfer-Molding, weil sich hier die Kavität (also die Pressform) im Prozess kontinuierlich verändert und mit ihr die Form und Eigenschaften der eingelegten Rohlinge. So betrachtet wird der traditionelle und technisch einfache Pressvorgang sehr komplex, jedenfalls wenn man ihn mit Simulation planen und optimieren will. Glücklicherweise gibt es nun eine validierte Lösung von SIGMASOFT, die auch die Simulation dieser traditionellen Pressvorgänge in der Gummiverarbeitung ermöglicht. Zumindest für Elastomere. Um simulativ auch Waffeln zu backen werden dann eigentlich nur noch die passenden Material-Rezepte (also quasi die Teig-Gesetze) benötigt.