Verbesserung der Zuverlässigkeit der Struktursimulation durch Berücksichtigung verfahrensbedingter Faserorientierung

 (c) SIGMA Engineering GmbH

Abbildung 1 – Während einer Innendruckprüfung bei Raumtemperatur erfährt ein Gehäuseteil aus PA GF50 eine Verformung

Abbildung 1 – Während einer Innendruckprüfung bei Raumtemperatur erfährt ein Gehäuseteil aus PA GF50 eine Verformung (c) SIGMA Engineering GmbH
Abbildung 2 – Die erwartete Verformung wird mit einem FEM -Paket simuliert (c) SIGMA Engineering GmbH
Abbildung 3 – Vergleich der realen Verformungswerte mit den Ergebnissen aus der FEM Simulation unter Verwendung isotroper und prozess-induzierter anisotroper Materialeigenschaften (c) SIGMA Engineering GmbH

Um die mechanischen Eigenschaften (insbesondere die Steifigkeit) eines Bauteils zu verbessern, werden thermoplastischen Polymeren häufig Glasfasern zugegeben. Die thermomechanischen Materialeigenschaften des erstellten Faser-Matrix-Verbunds sind allerdings anisotrop (richtungsabhängig). Aufgrund der Scherströmung während des Einspritzens passt die lokale Ausrichtung der Fasern zur dreidimensionalen Strömungssituation. Das Resultat ist eine dreidimensionale Verteilung der Fasern.

Die örtliche Abhängigkeit der Bauteileigenschaften wird für Berechnungsingenieure zur Herausforderung. Die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der thermomechanischen Materialdaten ist unerlässlich, um statische Lastsituationen, Ermüdungsverhalten und Lebensdauervorhersagen richtig zu bewerten. Wenn isotrope Daten verwendet werden, wäre das Bauteil im besten Fall überdimensioniert. Im schlimmsten Fall aber versagt das Bauteil.

SIGMASOFT® Virtual Molding simuliert die lokale dreidimensionale Faserorientierung aufgrund des Fließverhaltens während der Einspritz- und Nachdruckphase. Ein geeignetes mikromechanisches Modell bestimmt die lokalen thermomechanischen Eigenschaften der spritzgegossenen Komponente basierend auf der Temperatur und dem Druckverlauf des Polymers sowie der Faserorientierung. Diese Information kann nicht nur für die interne Schwindungs- und Verzugsberechnung in SIGMASOFT® verwendet werden, sondern auch für das Mapping mittels SIGMALink, wo diese Ergebnisse auf ein FE-Netz übertragen werden können (Elemente und Volumen), z.B. für Abaqus, Ansys, Marc, oder andere Struktursimulationsprogramme. Mit diesem Hintergrundwissen ist der Berechnungsingenieur in der Lage, die tatsächlichen lokalen, anisotropen Bauteileigenschaften für seine Auslegung zu verwenden.

Während einer bei Raumtemperatur durchgeführten Innendruckprüfung erfährt eine Gehäusekomponente aus PA GF50 eine Verformung. Die mit einem optischen Messsystem erfassten Versuchsergebnisse sind im Balkendiagramm grün dargestellt und zeigen die vertikale Verschiebung (Bild 3). Die mit FE-Simulationen berechneten theoretischen Werte, die auf vereinfachten isotropen Ersatzwerten basieren, sind in rot dargestellt.

Die isotrope Berechnung gibt ein qualitativ richtiges Verformungsverhalten wieder. Aber quantitativ unterschätzt sie die Verformung deutlich um den Faktor 2. Die Neuberechnung des Lastfalls – unter Verwendung der mit SIGMASOFT® simulierten Faserorientierung sowie der resultierenden lokalen, anisotropen Steifigkeitsmatrix für die Struktursimulation – führt zu den in blau dargestellten Ergebnissen. Diese anisotrope Strukturberechnung zeigt ein Verformungsbild mit quantitativ hoher Genauigkeit und bildet so die Basis für eine effiziente und sichere Bauteilauslegung.

Neben der höheren Zuverlässigkeit der mechanischen Analyse verbessert die Berücksichtigung der anisotropen Bauteileigenschaften in der mechanischen Analyse auch das Verständnis für die Ursachen der Verformung, so dass die Kompetenz des Entwicklungsteams gesteigert wird. Durch die höhere Genauigkeit der Analyse kann unnötige Überdimensionierung vermieden und der Materialverbrauch reduziert werden.