Virtuelles Abmustern

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Virtuelles Abmustern

Erschienen im Magazin: Plastverarbeiter 9/2013, Seite 172

 

Sind während der Produkt- und Werkzeugentwicklung die Auswirkungen der bisher getroffenen Entscheidungen auf den Spritzgießprozess sichtbar, so kann der Verarbeiter die Schwierigkeiten im Prozess erkennen und lösen, bevor sie überhaupt entstehen. Diese neue Herangehensweise führt zu einer veränderten Projektkommunikation, die nicht nur Entwicklungszeiten merklich verkürzen kann, sondern durch das frühe Einbringen von Know-how des Verarbeiters hilft, Risiken zu minimieren.

 

Ein Simulationsverfahren reduziert die Produktionskosten beim Spritzgießen und ermöglicht es dem Verarbeiter, sein Know-how schon während der Entwicklungphase einzubringen: Virtual Molding. Mit dieser Methode wird das Spritzgießverfahren mit Hilfe der Software Sigmasoft von Sigma Engineering, Aachen , im Detail abgebildet. Ziel ist es, den Aufwand realer Versuche an der Maschine und die damit verbundenen Material-, Personal-, Maschinen- und Energiekosten erheblich zu verringern.

„Virtual Molding ist nicht nur eine völlig neue Technologie“ erklärt Dr. Marco Thornagel, Prokurist bei Sigma, „sondern auch eine völlig neue Methode. Der Verarbeiter erhält von uns ein Hilfsmittel, mit dem er sein Know-how umfassender als bisher in den Entwicklungsprozess einbringen kann.“ Wird ein neues Kunststoffprodukt entwickelt, so übernimmt jeder in der Entwicklungskette Verantwortung für seinen Bereich. Der Konstrukteur kümmert sich um die Artikelgeometrie und mechanische Bauteileigenschaften. Häufig führt er in diesem Rahmen auch eine Spritzgießsimulation durch. Der Werkzeugkonstrukteur kümmert sich um die Werkzeuge. Und der Verarbeiter hat die Aufgabe, mit dem gebauten Werkzeug Kunststoffteile der geforderten Qualität zu einem festgelegten Preis zu produzieren. Fehler in der Entwicklungskette tauchen meist erst beim Verarbeiter auf. Für eine effizientere Produktion sollte er aber seine Kompetenz möglichst früh in die Entwicklung einbringen können.

„Virtual Molding kann man sich wie eine virtuelle Spritzgießmaschine vorstellen“ erläutert Thornagel, „es zeigt die Auswirkungen des Spritzgießprozesses auf Artikel- und Werkzeugqualität. Bisher gab es nur die Möglichkeit, mit der Maschine solange Parameter mit dem gebauten Werkzeug auszuprobieren und dieses nachzuarbeiten, bis die Teile den Anforderungen entsprechen. Dagegen vermeidet eine Optimierung des Fertigungsprozesses parallel zur Bauteilkonzeption und Werkzeugkonstruktion unnötiges Troubleshooting am Ende. Verarbeitungsprobleme lassen sich erkennen und lösen, bevor sie überhaupt entstehen.“ Den Spritzgießprozess transparent machen Mit der Darstellung aller Prozessparameter und Ihrer Konsequenzen im Spritzgießprozess am Bildschirm wird der Prozess an sich transparenter. So werden für viele häufig nicht erklärbare Effekte die tatsächlichen Hintergründe anhand von physikalischen Informationen über das Fließen und Erstarren des Kunststoffes erkennbar. „Nach den ersten Installationen haben wir festgestellt, dass sich die Kommunikation beim Anwender verändert hat: Der Prozessingenieur kann dem Werkzeugbauer konkret zeigen, wo genau die Ursache für ein Temperierproblem liegt und welche Lösungsansätze aus Produktionssicht sinnvoll sind. Oder der Konstrukteur erfährt im Voraus, wann ein Bauteilkonzept aus Produktionsgründen unwirtschaftlich wird“, erklärt Dr. Thornagel.